Wenn Bilder mehr sagen als Worte: Die Sprache der Symbole
- alinaniedermark
- 29. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Manchmal ist da nur eine Ahnung. Eine Farbe, die auftaucht. Eine Form, die sich manifestiert. Ein Motiv, das sich wie von selbst immer wieder in den eigenen künstlerischen Arbeiten zeigt. Ohne, dass man es bewusst gewählt hätte, sondern vielmehr, als hätte es sich selbst seinen Weg an die Oberfläche gebahnt.
So entwickeln sich viele meiner Bilder und Bildideen: Nicht aus einem rationalen Konzept heraus, sondern aus einer inneren Bewegung, einer Stille, aus etwas, das sich zeigen möchte. Häufig arbeite ich mit einer Verbindung aus figurativen und abstrakten Elementen. Ideen für die figurativen Elemente entstehen für gewöhnlich eher im Vorfeld, aus diesem inneren Sog zu einem bestimmten Motiv hin. Abstrakte Elemente entwickeln sich meist intuitiv im Prozess. Oft erst im Nachhinein beginne ich zu verstehen, was das gewählte Motiv, was diese Formen und Farben mir sagen wollen. Ich begreife dann, dass es sich um Symbole handelt – Ausdrucksformen innerer Vorgänge, verdichtete Bedeutungen, die sich der direkten Sprache entziehen.
Symbole sind wie Brücken. Sie verbinden unser Bewusstsein mit tieferen Schichten unseres Seins: Mit dem Unbewussten, mit archetypischen Bildern, mit kollektiven Erfahrungen, die älter sind als wir selbst. Sie sind vielschichtig und ambivalent, nie ganz festzulegen, und gerade darin liegt ihre Magie. Ein Symbol kann gleichzeitig berühren, irritieren, aufrütteln oder trösten. Es kann eine Ahnung wecken von etwas, das sich noch nicht vollständig zeigen will, aber sich bereits annähert.
In der Symbolsprache begegnet uns das Unaussprechliche. Etwas, das (noch) nicht in Worte gefasst werden kann, aber dennoch gesehen, gespürt, erkannt werden will. Das kann ein Tier sein, das sich immer wieder zeigt. Ein Kreis, der sich schließt. Ein Fenster, das sich öffnet. Oder ein Wald, der gleichzeitig für Schutz und Verirrung stehen kann. Die Bedeutung solcher Bilder erschließt sich oft nicht sofort – manchmal auch nie ganz – und doch wirken sie. Sie sprechen eine Sprache, die tiefer reicht als unsere Gedanken.
Die Kunst bietet einen unerschöpflichen Raum für solche Bilder. Sie dürfen auftauchen, sich verändern, verschwinden und wiederkehren. Man muss sie nicht unbedingt erklären, sondern nur da sein lassen. Oft zeigt sich darin ein Wissen, das tiefer reicht als der Verstand; ein Wissen des Körpers, der Seele, der inneren Bilderwelt.
Auch in der kunsttherapeutischen Arbeit spielt die Symbolsprache eine zentrale Rolle. Wenn Klient*innen malen, modellieren oder collagieren, treten oft genau solche Bilder hervor, scheinbar beiläufig, aber hochbedeutsam. Ein gemaltes Boot auf offenem Meer kann plötzlich eine ganze Lebenssituation spiegeln: Das Gefühl, den Kurs verloren zu haben, oder den Mut, sich treiben zu lassen. Absolut alles im Bild kann ein Hinweis sein. Entstehende Motive, Formen und Farben gehen mit starken Gefühlen und möglichen Bedeutungsebenen einher, die, mit dem entstandenen Werk von Innen nach Außen gebracht, gemeinsam besprochen werden und als Ausgangspunkt für anknüpfende Gestaltungen dienen können.
Hier liegt der therapeutische Wert der Symbolsprache: Sie ermöglicht es, mit inneren Anteilen in Kontakt zu treten, ohne sie sofort benennen oder erklären zu müssen. Sie schafft einen geschützten Raum für Projektion, Reflexion und Erkenntnis. Und manchmal reicht schon das Anschauen eines solchen Bildes, um etwas in Bewegung zu bringen.
In einer Welt, die oft auf Eindeutigkeit drängt, zeugt die Symbolsprache eine große Offenheit für das Mehrdeutige. Sie lädt zum Verweilen ein, zum Spüren, zum Fragen. Sie erinnert uns daran, dass nicht alles verstanden werden muss, um tief empfunden zu werden. Ich denke, dass Kunst, die sich eben dieser Symbolik hingibt, lebendig, tiefgründig und bedeutsam ist, voller Seele. Und wer genau hinsieht, hineinfühlt und zuhört, dem offenbaren sich Welten.
Vielleicht tauchen auch in deinem Leben bestimmte Bilder immer wieder auf. Vielleicht gibt es Farben, die dich in bestimmten Phasen besonders begleiten. Vielleicht zeigen dir deine Träume Motive, die du noch nicht einordnen kannst. Dann lohnt es sich, hinzusehen. Nicht mit dem Ziel, sofort zu verstehen und alles rational aufschlüsseln zu müssen, sondern um in den Dialog zu treten. Denn irgendwo zwischen Bild und Bedeutung, zwischen Form und Gefühl, zwischen Innen und Außen liegt ein Raum, der unglaublich erfüllt und reich ist – voller Geschichten, die nur darauf warten, erzählt zu werden.

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